Innenraum der Kirche der Stille, Kniekissen liegen um das Oktogon

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Kirche der Stille Altona – Ein Ort für Stille und Meditation

Die Christophoruskirche in der Helenenstraße in Hamburg-Altona, eine 1894 erbaute Backsteinkirche im neugotischen Stil, gehört zur evangelisch-lutherischen Gemeinde Altona-Ost. Sie wurde 2009 zur „Kirche der Stille“ umgebaut.
Die Kirchengemeinde antwortet damit auf die Sehnsucht und das Bedürfnis vieler Menschen, in Stille und Unmittelbarkeit die Nähe Gottes und Nähe zu sich selbst zu finden. Viele Menschen sind auf der Suche nach einem persönlichen Weg, der Kraft, Orientierung und Halt im alltäglichen Leben bietet. In der „Kirche der Stille“ können Menschen Stille erleben, meditieren, beten, Kraft schöpfen sowie sich selbst und Gott begegnen.
Das Konzept dieser im norddeutschen Raum völlig neuen Art von Kirchennutzung, orientiert sich an den drei Grundelementen: Stille, Weite und Rhythmus.
Mit dem Projekt „Kirche der Stille“ sollen neue Wege eröffnet werden. Wir sind überzeugt davon, dass lebendiges Christentum in unserer heutigen Zeit nicht zuletzt bedeutet, sich der eigenen mystischen Quellen zu erinnern und aus ihnen zu schöpfen.

„Die Mystik ist … überzeugt, dass in uns ein Raum ist, zu dem die anderen keinen Zutritt haben, zu dem die Überlegungen des eigenen Über-Ichs keinen Zutritt haben. Es ist der Raum der Stille, in dem Gott selbst in uns wohnt … Der Weg zu diesem inneren Ort des Schweigens geht über Gebet und Meditation. ” (Anselm Grün: Der innere Raum)

Der Kirchenraum

Meditative Mitte statt Altar

Um die Christophoruskirche für Stille und Meditation zu nutzen, wurde sie umgebaut. Altar, Kanzel, Taufbecken und Kirchenbänke sind gewichen, ein weiter Raum mit einer neu gestalteten Mitte entstand. Der Energiefluss wurde so gelenkt, dass er wohltuende Prozesse fördert. Es wurden ausschließlich ökologische Materialien eingesetzt.

Die Kirche der Stille ist ein offener Raum – mitten im Lärm und in der Hektik der Großstadt Hamburg. Hier können sich Menschen versammeln, um aus der Zeit und dem Alltag herauszutreten, um Anforderungen ruhen zu lassen und Stille zu finden. Eine Kirche für alle, die einfach da sein wollen: im Schweigen, in Freude und Dankbarkeit, in Angst und Schmerz.
Die Kirche steht montags bis freitags von 12 – 18 Uhr offen; ein zweckfreier Raum, in dem keine Bedingungen gestellt werden.

Der äußere Raum als Ort der Stille stärkt den Weg zum inneren Raum.

Stille

Einkehr in sich selbst und in Gott

In der Stille kann die Unmittelbarkeit Gottes und die Kraft der eigenen Mitte erfahren werden. Einkehr ist möglich in sich selbst und in Gott. Dies kann allein ebenso wie in Gemeinschaft erlebt werden – die Kirche der Stille bietet beide Möglichkeiten. Gemeinsames Sitzen in der Stille ist vertiefend, erweiternd und stützend.

In der Kirche können Menschen Stille in all ihrer Vielfalt erleben – im Gebet, beim Tanzen und Singen oder in der Meditation. Dabei führen viele verschiedene Wege in die Stille: Diese Wege wollen wir aufzeigen und unterschiedliche Praktiken, Methoden und Übungswege vorstellen. Unser Angebot umfasst auch spirituelle Begleitung und Beratung.

In der Stille wird die Achtsamkeit gegenüber Körper und Seele geübt. Der Körper ist „Tempel des heiligen Geistes“ (1. Kor 3,16) und der Gegenwart Gottes. Deswegen sind Angebote zur Körperwahrnehmung in der Kirche der Stille wesentlich.

Christliche Mystik entdecken und neue Wege gehen

Die Kirche der Stille ist eine evangelische Kirche und knüpft an die Tradition der christlichen Meditation und Kontemplation an. Wir orientieren uns an den Mystikerinnen und Mystikern wie Meister Eckhart, Teresa von Avila, Edith Stein oder Dag Hammarskjöld. Deren unterschiedliche Wege wollen wir wiederentdecken und einüben. Ebenso leitet uns die Tradition des Herzensgebetes und der geistlichen Exerzitien.

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Christinnen und Christen auch für Wege in die Stille geöffnet, die anderen Religionen entspringen. Sie haben eine Verbindung zwischen christlichem Glauben und praktischen Schulungswegen gefunden. Ein Beispiel ist das Sitzen in der Stille, wie der Zen-Buddhismus es lehrt. Diesen neuen spirituellen Wegen geben wir in der Kirche der Stille ebenfalls Raum.

Gastgeberin für andere Religionen

Ausgehend von unserer christlichen Überzeugung suchen wir die Begegnung mit anderen Religionen. Wir fördern den interreligiösen Dialog und den offenen Austausch, das Gespräch und die Begegnung – besonders, um andere religiöse Wege in die Stille kennen zu lernen.

Weite

Verbunden mit der einen Welt

Die Kirche der Stille eröffnet einen Raum des Friedens und der Verbundenheit mit der einen Welt. Das Üben der Achtsamkeit geschieht stets in Verbundenheit mit anderen Menschen und der gesamten Schöpfung. In der Meditation erfahren wir uns als Teil des Ganzen.

„Gott wird nicht gesehen als Schöpfer einer ontologisch anderen Welt, sondern als die Einheit des Seins und Nicht-Seins, bei der es keine Trennung zwischen Gott und Welt, zwischen Geist und Materie, zwischen Sein- und Nicht-Sein gibt. Was wir Abendländer Gott nennen, wird als die Eine Wirklichkeit gesehen die sich vielgestaltig offenbart, dabei aber immer sie selbst bleibt…“ (Willigis Jäger: Die Welle ist das Meer).

Die Hingabe zu Gott und die Offenheit des Herzens führen in die Verantwortung für unsere eine Welt. Regelmäßige Friedensgebete haben in der Kirche der Stille Raum.

„Die Erklärung, wie ein Mensch ein Leben aktiven gesellschaftlichen Dienens in vollkommener Übereinstimmung mit sich selbst als Mitglied der Gemeinschaft des Geistes leben soll, habe ich in den Schriften der großen mittelalterlichen Mystiker gefunden…Sie fanden in der ‚Einsamkeit des Geistes‘ und in der Innerlichkeit die Kraft, Ja zu sagen, wo immer sie sich den Forderungen ihrer bedürftigen Mitmenschen gegenüber gestellt sahen.“ (Dag Hammarskjöld: Zeichen am Weg).

Rhythmus

Rhythmus liegt allem Leben und allem Lebendigen zu Grunde

Wir erfahren es im Ein- und Ausatmen, im Schlagen unseres Herzens oder in dem Wechsel von Schlafen und Wachen. So ist alles Leben, jede noch so kleine Zellaktivität über den großen Jahreszyklus in der Natur bis zum Lauf der Sterne und der Erde im Weltall rhythmisch geordnet. Auch unser Alltag wird tiefer und reicher erlebt, wenn es uns gelingt – gegen alle Hektik, gegen allen Stress und Zeitdruck – einen Wechsel von Aktivität und schöpferischer Pause zu gestalten.

Die Kirche der Stille unterstützt diesen Weg, indem sie zum einen offener Raum ist und zum anderen wiederkehrende Angebote macht. Wer seinen Alltag unterbricht und einen Raum betritt, in dem geschwiegen wird, kann dies als heilsamen Rhythmus erleben.

Dieser Rhythmus findet sich in der Kirche der Stille in einer verlässlichen Tagesstruktur wieder:

12.00 -18.00 Uhr Offene Kirche

18.00 – 18.30Uhr  Atempause vor dem Abend

19.30 Uhr Meditationsangebote mit unterschiedlichen Wegen in die Stille

Die einzelnen Tage der Woche sind jeweils mit festen Angeboten verbunden und erhalten damit eine leicht erkennbare und sich wiederholende Struktur. Auch der Lauf des Jahreskreises wird aufgenommen und die Feste und Anliegen des Kirchenjahres werden in besonderer Weise gefeiert.

„Gleichwie die Sonne in einem stillen Wasser gut zu sehen ist, und es kräftig erwärmt, kann sie in einem bewegten, rauschenden Wasser nicht deutlich gesehen werden, auch erwärmt sie es nicht so sehr. Darum: willst du auch erleuchtet und warm werden durch das Evangelium, göttliche Gnade und Wunder sehen, dass dein Herz entbrannt, erleuchtet, andächtig und fröhlich werde, so gehe hin, wo du still sein und das Bild dir tief ins Herz fassen kannst, da wirst du finden Wunder über Wunder.“ (Martin Luther)

Projektgruppe für die Kirche der Stille: Karin Kluck, Irmgard Nauck, Sulamith Lanz, Rita Lassen, Christa Lehrer, Käthe Stäcker
Der Kirchenvorstand der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Altona-Ost, 27. März 2008.